Alter und Ego – meine Versionsgeschichte

My first Newsroom  (Quelle: Library of Congress)

My first Newsroom (Quelle: Library of Congress)

Dieses Weblog spielt im Titel mit dem Alter. Genauer gesagt, mit meinem Alter. Riskant. Wirft das doch in beschleunigten Zeiten ständig die Frage nach der Qualität der Upgrades (Geburtstag) auf. Schwer zu entscheiden, ob die neue Version „5.1.“ besonders ausgereift ist oder einfach nur veraltet. Sicher erscheint mir dagegen, dass der Betrachtungswinkel „Generationen“ im digitalen Medienwandel immer interessanter wird. Sowohl in der journalistischen Filterblase als auch im Weltgeschehen.

Sie ist natürlich angreifbar, diese Selbst-Thematisierung. Doch irgendwie passend zum „Selfie-Zeitalter“, in dem sich die Medienschaffenden stark ums eigene Ego kümmern (müssen). Eigentlich dürfe man so kleinkariert den Wandel nicht betrachten, hört man manchmal. Stattdessen werden Debatten wie „Der Tod der Zeitung“, „Geschäftsmodelle4.0“ und „Blogger versus Journalisten“ geführt. Mit einer Leidenschaft allerdings, die dann doch häufig persönliche Interessen erkennen lässt. Was auch sonst?

Ich hatte es bereits in einem anderem Zusammenhang erwähnt: Der Freie Journalist Andreas Grieß hat das vor kurzem einfach mal ausgesprochen. Um es milde auszudrücken. Durch seine Polemik „Die Medienbranche hat diese Generation nicht verdient“ auf dem Vocer Innovation Day hat er ein paar Wellen im digitalen Meer verursacht. Die Kollegen Susanne Peyronnet beispielsweise hat in ihrem Blog eine leise Gegenwehr betrieben. Während Karsten Lohmeyer auf Lousy Pennies in die Offensive gegangen ist. „Sind junge Journalisten wirklich besser?“ fragt er dort. Die Antwort in etwa: Wir müssen reden und können voneinander lernen. Klingt nicht wirklich nach jenem „Kampf der Generationen“, den der Titel seines Posts ankündigt.

Richtig, das Spiel ist nicht neu. Die Jungen lösen die Alten ab. So what? Wäre da nicht dieses Problem mit der Nachfolge-Blockade. Während den jungen Journalistinnen und Journalisten stets eine Art Einzelkämpfer-Ausbildung für den Selbstvermarktungs-Dschungel empfohlen wird, schiebt sich eine feiste, fitte Babyboomer-Generation mit ihren Besitzständen in die ferne Verrentung. Was danach kommt, steht in den Sternen des Cyberspace.

Ein seltsamer und tiefer Konflikt. Da treffen nicht nur Generationen aufeinander, sondern Welten. Parallelwelten. So wie wir es auch in der aktuellen Weltpolitik erleben. Wo sich analoge Realtität und Cyberspace hart im Raum berühren können. Wladimir W. Putin (Jahrgang 1952) betreibt für die Krim Kanonenboot-Politik und Recip T. Erdogan (Jahrgang 1954) schießt bei Twitter den Vogel ab.

Zwei autoritäre Staatenlenker erinnern an die Zeiten, in der die Welt auf ganz andere Weise digital war: Im Kalten Krieg, genauso wie in den nationalistischen Konflikten, lautete die binäre Logik: Ost gegen West, die oder wir. Scharf abgegrenzte Territorien, bewacht von Hardware-Komponenten wie Raketen, Panzern oder Gewehren. Diese Welt existiert in gewisser Weise noch, leider.

Obwohl wir uns doch eigentlich schon viel weiter wähnten. Hoffend, dass die flüssige Moderne eine schönere neue Welt erschaffen konnte: Liquid Democracy, Sharing Economy und Smart Technology. Diese globale Gutgläubigkeit hatte allerdings in den vergangenen Monaten bereits schwer gelitten. Denn genauso wichtig wie die Frage „Wer schützt uns vor Geheimdiensten und Datenkraken?“ ist die Frage: Was schützt uns vor der eigenen Naivität? Eine Antwort könnte lauten: Erfahrung. Schreibe ich mal so.

Jedenfalls geht es nun – im Weltgeschehen wie im Medienwandel – darum, Konflikte zu akzeptieren. Die finden statt und lassen sich auch nicht digital verflüssigen oder gar verdampfen. Den zivilisierten Umgang mit den Verteilungskämpfen ermöglicht aber einzig der Dialog. Das gilt für den medialen Wandel genauso wie für die Realpoltitik. Gemeint sind dabei übrigens nicht linguistisch programmierte Prügeleien. Gemeint ist der Versuch, über Kommunikation einen Wandel durch Annäherung zu erreichen. Das ist ein politisches Ziel und eine mediales Aufgabe. Vor allem die des Journalismus.

Hatte ich gerade über „Naivität“ geschrieben? Schon wahr, im Glauben an die Kraft des Dialoges liegt eine gewisse Naivität. Aber diese Komponente schätze ich in meiner alten Version „5.0“. Deshalb halte ich auch erstmal daran fest, obwohl – rein altersmäßig – bereits eine neue verfügbar wäre.

 

Kommentare

  1. f gruen meint:

    „Während den jungen Journalistinnen und Journalisten stets eine Art Einzelkämpfer-Ausbildung für den Selbstvermarktungs-Dschungel empfohlen wird, schiebt sich eine feiste, fitte Babyboomer-Generation mit ihren Besitzständen in die ferne Verrentung.“
    Warum so bösartig? Wir können für unser Geburtsjahr nichts. Ihr werdet auch mal älter und wollt gerne noch eure Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen weiter verwenden und damit euren Lebensunterhalt verdienen. Immer den Konflikt Alt gegen Jung zu schüren, macht nur eine bösartige, aggressive, nicht lebenswerte Welt. Hört mit der Selbstvermarktung auf! Lasst uns doch inhaltlich kommunizieren! Tut doch nicht so, als wären alle Nicht-Digital-Natives überflüssige, verblödete Tattergreise, die nur noch Bergdoktor schauen, Bild lesen und den Führerschein abgeben sollen! Es nervt!

    • Danke für die Reaktion. Diese wechselseitige Fabrikation von Klischees nervt mich ja genauso. Meine Zuspitzung sollte das illustrieren, nicht meine bösartige Position bestimmen. Schon weil mein Geburtsjahr in der Baby Boomer-Kohorte liegt. Insofern haben wir hier wohl ein Missverständnis. Mir geht es weniger darum, einen Konflikt zu schüren als ihn zu benennen. In Zeiten der digitalen Verlüssigung scheinen sogar Selbstverständlichkeiten wie die Generationen-Folge kaum zu funktionieren. Journalistische Maßstäbe, technische Anforderungen, wirtschaftlicher Rahmen – alles irgendwie im Fluß. Deshalb glaube ich, dass der nervige Zustand noch eine Weile anhalten wird. Wir haben dies ja gerade in der Diskussion auf Lousy Pennies gesehen. Fortsetzung wird folgen.

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