Journalismus und Werbung – ein Grenzkonflikt

Gar nicht so einfach (Quelle: Alexander Salokat)

Gar nicht so einfach (Quelle: Alexander Salokat)

Unterschiede sind wichtig. Manchmal  kommt es wirklich auf sie an. Sie sollten in keinem geordneten Haushalt fehlen. Zum Beispiel das Trennungsgebot zwischen Journalismus und Werbung, also zwischen Vermittlung und Vermarktung.  Gerade jetzt wollen bedeutende Kräfte in den Medien diesen Unterschied verwischen.  Mit Wort-Wedeln wie „Content- und Handelskonvergenz“.  Was für ein schmutziges Geschäft. Wir sollten es vereiteln!

Burda-Vorstandschefs Paul-Bernhard Kallen wirbt nach Darstellung des Branchendienstes  Meedia, dafür, die Begriffe Content und Journalismus breiter zu interpretieren. Auch eine Produktbeschreibung könne schließlich wertvoller Inhalt sein. Gleichzeitig nehme die Schnittmenge zwischen Medien und E-Commerce ständig zu. Anscheinend wächst so zusammen, was künftig besser gemeinsam erledigt werden sollte. Denn: „Schreiben wird an Bedeutung verlieren“. Stattdessen sollten Journalisten „kuratieren“.

Die Aussage eines solchen Top-Managers sollte man ernst nehmen. Denn nicht nur Kallen rüttelt an der einst wichtigen Grenze zwischen redaktionellem Inhalt und Produkt-Promotion. Ein prominentes Beispiel aus der Bloggerszene wirft zudem die Frage auf, ob sich hier sogar ein Generationswandel andeutet. Mark Duffy war bis vor kurzem als „Copyranter“, als Werbekritiker bei „BuzzFeed“ angestellt. Bis vor kurzem. Weil er seine Maßstäbe auch gegen Anzeigenkunden seines Arbeitgebers anlegte, musste er gehen. So vermuten das Beobachter wie die „netzpiloten“.

Und so sieht er es selbst ebenfalls. Was tut ein Blogger, wenn er fliegt? Richtig, er postet seine Version der Gründe. Interessanter Weise thematisiert er dabei auch sein Alter. Die jungen Kollegen hätten vermutlich nicht einmal mehr besonderes Verständnis für seine Auffassung vom Journalismus alter Schule. Auch zu seiner Generationen-Sicht hat Duffy lesenswert gepostet.

Wohlgemerkt, der jetzt 53 Jahre „alte“ Duffy ist ein Top-Blogger und das bunte Onlinemagazin BuzzFeed nicht irgendeine Randpublikation. Vielmehr werden Angebote wie BuzzFeed von manchen gar  zu den vielen Blaupausen des „neuen Journalismus“ gepackt. Nicht nur in den USA, auch in Europa wird mit „Upworthy“ etwas Ähnliches produziert. Auch ein deutsches Angebot könnte irgendwann kommen.

Vor allem ist ja etwas dran an der Story vom Verschwimmen des Contents mit dem Kommerz. Die allermeisten Geschäftsmodelle der Medien im Internet beruhen darauf, redaktionellen Inhalt und  Produktvermarktung immer enger zu verkoppeln. Bis kaum noch ein Bit dazwischen passt. Bis man sich fragt, ob es da überhaupt noch einen Unterschied gibt.

Beim stürmischen Überlebenskampf der Mediendampfer auf hoher digitaler See ist der Trennungs-Grundsatz gefährlich nahe an die Reling gekommen. Er könnte über Bord kippen, ohne dass die meisten Passagiere das mitbekommen. Dann wird’s richtig ungemütlich, wie die Geschichte einer Artikel-/Anzeigenkombination zugunsten der Waffenproduzenten-Lobby im Magazin Foreign Policy Journal eindrucksvoll zeigt, aufgespießt von Cicero-Online.

Was das Wording betrifft, so sind die Begriffs-Akrobaten übrigens bereits in Hochform: „Native Advertising“ ist so ein schönes Beispiel für einen schleichenden Werbemarkt. Andererseits ist es keine Frage: Sowohl Vermarktung von Produkten als auch Vermittlung von Inhalten sind berechtigte Anliegen. Aber beide haben miteinander eine ganze Reihe von Zielkonflikten. Dieses Ringen muss fair bleiben. Andernfalls entbrennt gerade ein asymmetrischer Krieg zwischen hochgerüsteten PR-Armeen und ein paar Journalismus-Partisanen, wenn es den nicht schon längst gibt.

Um übrigens auch das klar zu sagen:Der Digitale Wandel hat dieses Problem nicht geschaffen. In der analogen Zeit hat die Trennung von Journalismus und Kommerz ebenfalls häufig nicht funktioniert. Aber das wurde dort immerhin allgemein als Problem empfunden. So muss es auch in der Netzwelt bleiben.

Manchmal besteht die beste Methode sauber zu bleiben darin,  die wichtigen Unterschiede nicht zu verwischen.

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